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Gefährdungsbeurteilung – Kernelement des modernen Arbeitsschutzes

Die Kernforderung des Arbeitsschutzgesetzes – Maßnahmen zur Sicherheit und der Gesundheit der Beschäftigten zu treffen und dabei die Eigenarten des Betriebes zu berücksichtigen– ist in § 3 des Gesetzes formuliert.

Der Begriff „Gefährdungsbeurteilung“ steht verkürzt für die Verpflichtung des Arbeitgebers, die Arbeitsbedingungen aller Beschäftigten in seinem Betrieb hinsichtlich möglicher Gefährdungen und Belastungen zu beurteilen. Diese Forderung ist im Arbeitsschutzgesetz (§§ 5, 6 ArbSchG) verankert, sie wird systematisch in allen darauf aufbauenden staatlichen Vorschriften wie der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) und der Biostoffverordnung (BiostoffV) aufgegriffen. Sie ist nicht zuletzt Teil der Unfallverhütungsvorschrift „Grundsätze der Prävention“ (DGUV Vorschrift 1).
Unterstützungsleistung für Fachkräfte für Arbeitssicherheit und Betriebsärzte.
Eine „angemessene“ Gefährdungsbeurteilung bedingt eine gezielte und systematische Ermittlung der bestehenden Gefährdungen und Belastungen, die auf die Beschäftigten einwirken können. Dazu gehören neben der Ermittlung der Gefährdungen auch die Bewertung derselben und die Festlegung von Schutzmaßnahmen.

In der Gefährdungsbeurteilung ist zu entscheiden, inwieweit Schutzmaßnahmen bei bestimmten Tätigkeiten oder für bestimmte Mitarbeitende erforderlich sind: Technische und organisatorische Schutzmaßnahmen, Betriebsmittelprüfungen, arbeitsmedizinische Untersuchungen, Impfungen, Messungen zu Expositionen, persönliche Schutzausrüstung, schriftliche Betriebsanweisungen und Unterweisungen.

Die zentrale Forderung einer Gefährdungsbeurteilung wiederholt sich in allen Verordnungen zum Arbeitsschutzgesetz und bezieht sich dabei auf die unterschiedlichsten Einflüsse, die am Arbeitsplatz auftreten können (z. B. ausgehend von den Arbeitsmitteln, von Gefahrstoffen, von biologischen Gefährdungen oder von der Gestaltung der Arbeitsstätten).
Generell ist die Gefährdungsbeurteilung als Erstbeurteilung an bestehenden oder neu einzurichtenden Arbeitsplätzen und Arbeitsverfahren durchzuführen.

Darüber hinaus gibt es zahlreiche Anlässe, die eine Fortschreibung oder auch Überprüfung erforderlich machen:

  • bei Änderung von Vorschriften bzw. Veränderungen des Standes der Technik,
  • wenn Einrichtungen wesentlich erweitert oder umgebaut werden,
  • wenn die Nutzung der Einrichtungen wesentlich geändert wird,
  • vor Anschaffung neuer Maschinen und Produktionsausrüstungen,
  • bei wesentlichen Änderungen der Arbeitsorganisation sowie
  • nach dem Auftreten von Arbeitsunfällen, Beinahe-Unfällen und arbeitsbedingten Erkrankungen.

Der Arbeitgeber hat die Verpflichtung, das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, die festgelegten Maßnahmen und die Überprüfung der Wirksamkeit der Maßnahmen zu dokumentieren.

Den Handlungsrahmen für den Arbeits- und Gesundheitsschutz bei der Arbeit legen Unfallverhütungsvorschriften und das staatliche Regelwerk fest, insbesondere

beschreiben die Verpflichtung der Arbeitgeber zur Verantwortung im Arbeitsschutz.

Organisationspflicht:
Damit der Arbeitsschutz nachhaltig und effektiv umgesetzt werden kann, müssen Sie als Unternehmer/in eine Organisation schaffen, die es ermöglicht den Arbeitsschutz umzusetzen. Hier gilt es Automatismen zu schaffen und Prozesse zu entwickeln, die einen funktionierenden Arbeitsschutz ermöglichen, auch dann, wenn jemand mal ausfällt. 

Kontrollpflicht
In der Rolle des Unternehmers oder der Unternehmerin sind Sie verpflichtet zu prüfen, ob die übertragenen Aufgaben auch tatsächlich umgesetzt und im Sinne des Arbeitsschutzes erfüllt werden.

Auswahlpflicht:
Besonders bei der Auswahl geeigneter Personen auf Führungspositionen und für Arbeitsbereiche mit besonderer fachlicher Anforderung ist darauf zu achten, dass die gewünschten Kandidatinnen und Kandidaten ihrer Aufgabe im vollen Umfang gerecht werden können und somit geistig und körperlich geeignet sind.

Organisation und Durchführung der Gefährdungsbeurteilung

Für die Beschäftigten ist die mit ihrer Arbeit verbundene Gefährdung zu beurteilen. Das ist eine der wichtigsten Aufgaben der Leitung. Für jedeTätigkeit und jeden Arbeitsplatz werden Schritt für Schritt mögliche Gefährdungen für die Sicherheit und Gesundheit festgestellt, Schutzmaßnahmen umgesetzt sowie diese auf ihre Wirksamkeit überprüft.

Gefährdungsbeurteilung und deren Dokumentation

Dabei wird festgelegt, welche Aufgaben

  • die jeweils zuständigen Führungskräfte,
  • die betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung,
  • interne und externe Fachleute und
  • die Beschäftigten haben.

Rechtliche Grundlagen

  • §§ 5, 6 Arbeitsschutzgesetz
  • § 3 DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“
  • § 3 Betriebssicherheitsverordnung
  • § 4 Biostoffverordnung
  • § 3 Arbeitsstättenverordnung
  • § 6 Gefahrstoffverordnung

Organisation der Gefährdungsbeurteilung

  1. Festlegen von Arbeitsbereichen und Tätigkeiten
  2. Ermitteln der Gefährdungen
  3. Beurteilen der Gefährdungen
  4. Festlegen konkreter Arbeitsschutzmaßnahmen nach dem Stand der Technik
  5. Durchführen der Maßnahmen
  6. Überprüfen der Wirksamkeit der Maßnahmen
  7. Fortschreiben der Gefährdungsbeurteilung

Durchführung der Gefährdungsbeurteilung Auftrag an den Arbeitgeber

Für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung ist der Arbeitgeber verantwortlich. Er hat die Verpflichtung, das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, die festgelegten Maßnahmen des Arbeitsschutzes und das Ergebnis der Überprüfungen zu dokumentieren.

Da er diese Aufgabe nicht allein bewältigen kann, delegiert er die Aufgaben in der Regel an nachgeordnete Führungskräfte. Der Arbeitgeber sollte hierfür eine klare Verantwortlichkeit schaffen.

Aufgabe der Führungskräfte

Die Erstellung der Gefährdungsbeurteilung ist grundsätzlich Aufgabe der Führungskräfte, da diese die Arbeit und die Arbeitsbedingungen gestalten, die Verantwortung für die Gesundheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben über Sicherheit und Gesundheitsschutz informieren, kommunizieren und unterweisen

Unterstützung durch Arbeitsschutzexperten

Gerade bei einer Erstbeurteilung der Arbeitsbedingungen können viele Fragen auftauchen, bei deren Beantwortung die Arbeitsschutzexperten (Fachkraft für Arbeitssicherheit, Betriebsärztin oder Betriebsarzt) Unterstützung geben können. In der Regel ist deren Beratungszeit im Rahmen der Grundbetreuung beschränkt, so dass eine gute Gesprächsvorbereitung wichtig ist.

Dabei sollte die Führungskraft mit den Arbeitsschutzexperten folgende Fragen besprechen:

  • Welche Tätigkeiten haben aus Sicht der Arbeitsschutzexperten in der weiteren Ermittlung der Gefährdungen und Belastungen Priorität?
  • Welche Tätigkeiten, Arbeitsmittel und Stoffe bedürfen einer Feinanalyse mit speziellen Methoden, um zum Beispiel ergonomische Fragestellungen, Gefahrstoffe, Biostoffe oder psychische Belastung zu erfassen?
  • Welche Maßnahmen sind zielführend und entsprechen den aktuellen arbeitswissen­schaftlichen Erkenntnissen?
  • Welche Aspekte sollte die Führungskraft aus Sicht der Arbeitsschutzexperten darüber hinaus beachten?